Dienstag, 11. November 2014

Menschen, die keiner mehr kennt: Gottfried Menzel, Pfarrer in Neustadt an der Tafelfichte


An dieser Stelle soll an einem zu seinen Lebzeiten sehr geachteten und bewunderten Mann gedacht werden, von dem nur eine mächtige Säule hinter der Kirche der Heiligen Katharina in Neustadt an der Tafelfichte erinnert - obwohl wahrscheinlich kaum mehr jemand etwas mit der Person, dem sie gewidmet ist, etwas anfangen kann: Gottfried Menzel. Ihn kennen höchstens noch ein paar wenige Amerikanisten, die sich für die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika am Ausgang des 19. Jahrhunderts interessieren. Aber dazu später mehr. Also wer war dieser "Gottfried Menzel", der von 1798 bis 1879 lebte und dessen ihm gewidmete Säule die Vertreibung und die nachfolgenden ruhmreichen kommunistischen Jahre wie durch ein Wunder überlebt hat?


Gottfried Menzel war ein röhmisch katholischer Priester, der einige Zeit in Grottau bei Zittau wirkte und sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Pflanzenwelt seiner nordböhmischen Heimat auseinandersetzte und ein umfangreiches Herbarium anlegte, welche in Teilen noch im Friedländer Museum vorhanden ist. Seine diesbezüglichen umfangreichen Forschungen machten ihn zu einen der besten Kennern der böhmischen Flora und auch unter Fachwissenschaftler weit bekannt. Er war darüber hinaus Hobbyastronom, beschäftigte sich mit Mineralien, war auch in der Zoologie wohl bewandert und ein enthusiastischer Anhänger der Naturheilkunde.

Er begann seine geistliche Laufbahn nach seinem Besuch die Piaristenschule in Jungbunzlau, des Gymnasiums der Prager Kleinseite und des Priesterseminar in Leitmeritz als Kaplan in Grottau, an das sich einige Jahre später (1831) eine Katechetenstelle an einer Mädchenschule in Reichenberg anschloß. Zu dieser Zeit erschien auch sein erstes größere wissenschaftliche Werk mit dem etwas ausschweifenden Titel "Flora der gräflich Clam-gallasschen Herrschaften Friedland, Reichenberg, Grafenstein und Lemberg mit praktischen Anmerkungen (Prag 1830–33)", das ihn schnell und nicht nur in Botaniker-Kreisen sehr bekannt machte (er wurde u.a. Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz).


Diese Reputation verschaffte ihm außerdem ab dem Jahr 1834 eine feste und sichere Anstellung als Pfarrer in Neustadt an der Tafelfichte, wo er viel Zeit für weitere Forschungen fand. Seine Interessengebiete verlagerten sich dabei mehr und mehr auf ethnographische und volkswirtschaftliche Fragestellungen - und zwar besonders auf die Vereinigten Staaten von Amerika bezogen. Im Jahre 1849 machte er sich deshalb auf eine mehrjährige Studiernreise nach Nordamerika auf, wo er hauptsächlich Texas und die dort lebenden deutschen Auswanderer besuchte. Das Ergebnis dieser Reise, die er im Jahre 1851 beendete, war sein vielbeachtete Buch "Die Vereinigten Staaten von Amerika mit besonderer Rücksicht auf die deutsche Auswanderung nach eigener Anschauung geschrieben" (Link). Sie gilt als eine der besten Beschreibungen dieses Gegenstandes und wird auch heute noch oft als Quelle zitiert. 


1852 wurde Gottfried Menzel zum Dechanten ernannt. Dieses Amt führte er noch einige wenige Jahre aus, bis er aufgrund einer Augenerkrankung in den Ruhestand trat. Er starb im Jahre 1879, hochgeehrt (er war Träger des "Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone", den er von Kaiser Franz Joseph I persönlich überreicht bekam) in Neustadt an der Tafelfichte. Ihm zu Ehren wurde die noch heute zu besichtigende Säule "von seinen Verehrern" hnter der St. Katharina-Kirche errichtet.

Übrigens, nach Gottfried Menzel ist eine Moosart, die im Jeschkengebirge vorkommt, benannt: Jungermannia menzelii...




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