Mittwoch, 8. Oktober 2014

Auf den Spuren Amand Paudlers: Wanderung auf dem Kammnebenweg - Teil 7

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz, und Holger Totz, Herrnhut


Da mich Müh und Wachsamkeit auf den Staffeln höher tragen
Seh ich selbst mich Riesen gleich über das Gebürge ragen
Tret ich denn mit muntrem Herzen endlich auf den höchsten Stein,
Schein ich mir des Himmels Nachbar und der Erde Herr zu seyn.


Aus : „Versuch eines Gedichtes über das Schlesische Riesen-Gebürge“, Hofrat Balthasar Ludwig Tralles, 1750

Seit ewig hat der Name des Riesengebirges für den Naturfreund einen besonderen Klang und bei keinem der hiesigen Gebirge baut sich schon vor einer Tour so eine erwartungsvolle Vorfreude auf, wie es beim Riesengebirge der Fall ist. Die Stimmung, die das Bergpanorama mit den schroffen Abgängen nach Norden, den sanfteren welligen Formen nach Süden, den weiten Blicken entlang des Kammes und zu den umliegenden Gebirgen sowie die den rauen klimatischen Bedingungen ausgesetzte Vegetation erzeugt, lässt einen so schnell nicht los. Diese Faszination übten diese Berge schon auf unsere Vorfahren aus. Johann Tobias Volkmar, Assessor des Konsistoriums in Breslau, beginnt sein Werk „Reisen nach dem Riesengebürge“, Bunzlau, 1777 mit den Worten

'Ich liebe nicht Streitigkeiten und noch viel weniger den Krieg, sondern ein stilles und ruhiges Leben halte ich für das beste Theil in dieser Welt. Dahero vergönnen mir, meine geehrteste Leser, dass ich mich allen jetzigen Unruhen der Welt entziehe, und mich in die öde Stille unsers wundernswürdigen Riesengebirges begebe, und Ihnen, wenn Sie der Erzählung neuer Weltgeschichte müde sind, meine kleine Beobachtungen der Natur mittheilen darf.'

Volkmar beschreibt in seinem Buch 19 Wanderungen, garniert mit Zeilen aus o.g. Gedichtband von Tralles. Wir haben nur eine Etappe über das Riesengebirge zu bewältigen, aber die hat es in sich. Von Ponikley (Ponikla) geht es stetig aufwärts über Jestrabi (Jestřabí v Krkonoších), Jerusalem (Rezek), entlang des Wolfskamms (Vlčí hřeben) zur Hofebaude (Dvoračky) und weiter hinauf auf den Kamm. 

Das Wetter entschädigt heute für die vorigen beiden Tage. Wir dürfen Sonne und gute Sicht erwarten. Der ganze Kamm breitet sich vor uns aus und wir sehen den Jeschken, wo wir vorgestern gestartet sind. Und ganz nebenbei bekommt unsere Tour einen vollkommen neuen Inhalt. Als wir an der Elbquelle rasten, erinnern wir uns daran, wo wir im Juni unsere Wanderung begonnen haben: an der Quelle der Mandau. Also werden wir diese Wanderung mit der Überschrift 'Von der Mandau- zur Elbquelle' in Erinnerung behalten, das klingt auch besser, als Kammnebenweg. Am Ende werden wir 7 Etappen mit einer Distanz von etwa 190 Kilometern und ca. 6.700 Höhenmetern - was uns für Mittelgebirge durchaus ansprechend erscheint - bewältigt haben. Wir werden das Nordböhmische Niederland, die Böhmische Schweiz, das Lausitzer Gebirge, das Jeschkengebirge, das Böhmische Paradies und das Riesengebirge durchquert haben. Gern geben wir die ausnahmslos guten Erfahrungen mit den Herbergen weiter.


Der Abstieg nach Schreiberhau über die Alte Schlesische Baude ist nur noch Formsache, wenn auch eine anstrengende, die auf die Knochen geht. So, wie man mit innerer Freude auf der einen Seite in das Riesengebirge einsteigt, so kommt man mit Wehmut auf der anderen Seite des Kammes wieder herunter. Wer könnte das Gefühl besser ausdrücken, als vor einem Vierteljahrtausend Johann Tobias Volkmar, wenn er schreibt :

'Wundervoller und schöner Schauplatz der Natur! Angenehmes Riesengebürge! Ich nehme von Dir Abschied, und gehe wieder in die schöne bebaute Welt, die ich von Deinen Höhen mit Entzücken betrachtet habe, und die ich gleichwohl wieder zu betreten zitternd fürchte. Hier sahe ich nichts als die schönen Gestallten und wohlthätigen Werke des Schöpfers auf der Erde, und der Mensch kan sie nicht glückseliger gedenken, als sie aus der Hand ihres allergütigsten Gottes kommen ist, aber Neid und Verfolgung, Lästerung und Ungerechtigkeit, Streit und Krieg macht sie zu einem solchen unruhigen Wohnplatze, wovor demjenigen ekelt, der deine stille Ruhe, deine ungestörten Vergnügungen, einsames Gebürge, in einer Gesellschaft von lauter wahren Freunden geschmecket hat.


Endlich schönes Wetter beim Aufbruch ins Riesengebirge



Auf den Höhen bei Jestrabi (Jestřabí v Krkonoších)





Ein Skulpturenweg führt entlang des Wolfskammes



Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana asclepiadea)


Alte Bauden sind auf den Hochweiden des Riesengebirges erhalten geblieben


Die Hofebaude


Immer höher hinauf...



In unseren Anstrengungen zur Landesverteidigung dürfen wir nicht nachlassen, und zwar nimmer und nirgends!



Wir sind auf dem Dach des Riesengebirges; Schneegrubenbaude (Schronisko nad Śnieżnymi Kotłami), links Veilchenstein (Łabski Szczyt,/Labský štít)



Weg zur Elbquelle


An der Elbquelle




Was dem Künstler auch immer eingefallen sein mag: Hosen hätte er dem Suchenden anziehen können. Es ist kalt hier oben – besonders im Winter


Der Reifträger (Szrenica)


Auf dem Weg nach Schreiberhau – Bräuerhansens Steine (Borowczane Skaly)



Die Alte Schlesische Baude (Schronisko pod Łabskim Szczytem)


Langsam dem Ziel entgegen, am Kochelzufluss (Szrenicki Potok)




Mit der Bahn von Schreiberhau nach Zittau, Bahnhof Schreiberhau




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