Montag, 30. Januar 2012

Essay: Eine kurze Geschichte der Planetenkosmogonie


Das Teilgebiet der astronomischen Forschung, welches sich mit der Entstehung und Entwicklung der Himmelskörper beschäftigt, ist die Kosmogonie. Es ist jedoch auch üblich, mythische Vorstellungen über die Entstehung der Welt, der Menschen, Pflanzen und Tiere, als „Kosmogonien“ (oder "Kosmologien") zu bezeichnen. Im Abendland wurde über Jahrhunderte hinweg die Schöpfungsgeschichte, wie sie im ersten Buch Mose des Alten Testaments aufgeschrieben ist (Genesis), als plausible und nicht zu hinterfragende „Kosmogonie“ anerkannt. Andere Völker und andere Zeiten hatten andere Kosmogonien. Darunter sind, vom literarischen Standpunkt aus betrachtet, ganz wunderbare Geschichten, wie z.B. der auf 7 Tontafeln niedergeschriebene babylonische Schöpfungsmythos Enuma elisch. Er kam bei der berühmten Ausgrabung des Palastes des neu-assyrischen Königs Assurbanipal (so wie die berühmte „Noah-Erzählung“ des Gilgamesch-Epos) ans Tageslicht. Fast allen Schöpfungsmythen oder „Kosmologien“ ist gemeinsam, das sie überwiegend theistisch sind, meist sehr allgemeine Aussagen treffen und von irgendwelchen, mit wissenschaftlichen Methoden kaum zu fassenden Voraussetzungen ausgehen. Ihnen fehlt einfach das, was wir heute unter dem Begriff der „Wissenschaftlichkeit“ verstehen. Deshalb beschäftigen sich nicht Astronomen, sonder in erster Linie Theologen, Philologen und Historiker mit ihnen.

Der erste wirklich ernstzunehmende Versuch (die Anfänge, die mit Rene‘ Descartes (1596-1650), Wirbeltheorie von 1630, begannen, einmal ausgenommen), die Entstehung des Sonnensystems auf einer streng naturwissenschaftlichen Grundlage zu erklären, geht auf eine Schrift des berühmten Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) zurück. In seinem Frühwerk „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels“ (erschienen 1755) entwickelt er ein qualitatives Bild der Planetenentstehung, das in manchen Details überaus modern anmutet. Er erkannte z.B. – um es einmal in heutiger Terminologie auszudrücken – die Bedeutung der Akkretion in Bezug auf das Wachstum zukünftiger Planeten aus kleinen „Planetenkeimen“. Ausgangspunkt für Kant‘s Überlegungen waren insbesondere die ihm bekannte, zuvor von Rene‘ Descartes (1596-1650) und Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707-1788) entwickelte Idee, daß unser Sonnensystem auf völlig natürlichem Wege – wie auch immer – entstanden ist und daß dieser Prozeß auch anderswo in unserer „Welteninsel“ stattfinden kann und stattgefunden hat. Er löste sich dabei von den in der damaligen Zeit sehr populären Katastrophentheorien (die in Bezug auf geologische Prozesse besonders von Georges Cuvier (1769-1832) erfolgreich propagiert wurden) und ent­wickelte völlig ohne Mathematik, aber mit durchaus profunden Kenntnissen der Newton’schen Mechanik eine graduelle Entwicklungstheorie des Planetensystems. Das philosophisch eigentlich Interessante ist dabei, daß Kant für diese Theorie einen völlig materialistischen Ansatz wählte, in dem er entgegen dem Zeitgeist völlig auf einen göttlichen Schöpfungsakt verzichtet hat.  Ähnliches hatte zuvor zwar auch schon der britische Astronom Thomas Wright (1711-1786) bezüglich der Milchstraße geäußert, in dem er in seiner Schrift „An original theory or new hypothesis of the Universe“ von 1750 die abgeplattete Form der Milchstraße durch eine den newtonschen Gesetzen unterworfene rotierende Sternscheibe erklärte. Wahrscheinlich war diese Schrift Immanual Kant zur Zeit der Abfassung seiner „Allgemeinen Naturgeschichte“ bekannt.

Unabhängig von Kant hat sich auch Pierre-Simon de Laplace (1749-1827), der kurzzeitig Minister unter Napoleon Bonaparte (1769-1821) war,  mit diesem Themenkreis beschäftigt. In seiner „Exposition du Syste`me du Monde“ entwickelte er Vorstellungen, nach der sich die Planeten aus sich ablösenden Ringen der Sonnenatmosphäre gebildet haben, während Kant von selbständig wachsenden Verdichtungen in einem „Urnebel“ ausging. Die progressiven Ideen beider Autoren wurden später zusammen mit weiteren Detailverbesserungen zur „Kant-Laplaceschen Nebularhypothese“ zusammengefaßt. Sie bildete die Grundlage zu weiteren Forschungen, die über viele Zwischenstufe zur heutigen modernen Planetenkosmogonie führte.

Mit der Entdeckung des Planeten Uranus und der ersten kleinen Planeten begannen sich auch einige Astronomen zu Beginn des 19. Jahrhunderts (darunter z.B. Wilhelm Olbers (1758-1840) in Bremen) für die Entstehung des Sonnensystems zu interessieren, wobei für ihre Überlegungen und Kritikpunkte insbesondere die de Laplace’sche Theorie als Grundlage diente (Kant’s Frühwerk war weitgehend unbekannt geblieben). Es ist zu diesem Themenbereich ein umfangreicher Briefwechsel, z.B. zwischen Olbers und Carl Friedrich Gauß (1777-1855), aber auch mit Franz Xaver von Zach (1754-1832) und später auch Alexander von Humboldt (1769-1859), erhalten geblieben, wo das Für und noch mehr das Wider der de Laplace‘schen Planetenkosmogonie diskutiert wird. Einig war man sich aber offensichtlich in der Annahme, daß das Sonnensystem auf eine natürliche, auf Naturgesetzlichkeiten beruhende Weise entstanden ist. So schreibt Humboldt in seinem berühmten Werk „Kosmos“ (erschienen zwischen 1845-1862):

„Haben sich die Planeten aus einzelnen um die Sonne kreisenden Ringen dunstförmiger Stoffe gebildet, so können die verschiedene Dicke, die ungleichförmige Dichtigkeit, die Temperatur und die elektromagnetische Spannung dieser Ringe zu den verschiedensten Gestaltungen der geballten Materie, wie das Maß der Wurfgeschwindigkeit und kleine Abänderungen in der Richtung des Wurfes zu den mannigfaltigsten Formen und Neigungen der elliptischen Bahnen Anlaß gegeben haben. Massenanziehung und Gravitationskräfte haben gewiß hier, wie in den geognostischen Verhältnissen der Kontinentalerhebungen, gewirkt; aber aus der gegenwärtigen Form der Dinge ist nicht auf die ganze Reihe der Zustände zu schließen, welche sie bis zu ihrer Entstehung durchlaufen haben. Selbst das sogenannte Gesetz der Abstände der Planeten von der Sonne, die Progression, aus deren fehlendem Gliede schon Kepler die Existenz eines die Lücke ausfüllenden Planeten zwischen Mars und Jupiter ahnte, ist als numerisch ungenau für die Distanzen zwischen Merkur, Venus und Erde, und, wegen des supponierten ersten Gliedes, als gegen die Begriffe einer Reihe streitend befunden worden.“

Es scheint, daß Humboldt – wie eine Vielzahl anderer Gelehrter – von einer natürlichen Entstehungsgeschichte der Planeten über­zeugt war (und zwar gemäß der de Laplace’schen Theorie), aber davon ausging, daß eine „Rückverfolgung“ zu den Anfängen wahrscheinlich prinzipiell nicht möglich ist, einfach, weil sich die „Zwischenstufen“ im heutigen Zustand des Sonnensystems nicht konserviert haben. Diesen „Informationsverlust“ versucht man heute durch Entwicklungsmodelle wettzumachen, was mittels Computern auch immer besser gelingt.

Interessanterweise spielt die Kant’sche Sichtweise in der Planetenkosmogonie des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts nur eine bescheidene Rolle – wohl auch, weil Kant von der Gemeinde der Astronomen – im Gegensatz zu Pierre-Simon de Laplace – als „fachfremd“ angesehen wurde. Trotzdem ist es erstaunlich, wie lange sich die Theorie der sich von der Ursonne ablösenden Materieringe halten konnte, denn sie erhielt genaugenommen bereits im Jahre 1861 ihren Todesstoß. Jacques Babinet (1794-1872) zeigte anhand der Drehimpulsverteilung im Sonnensystem, daß die de Laplace’sche Theorie keinesfalls stimmen konnte. Dieses „Drehimpulsproblem“ (nur 0.5% des Drehimpulses des Sonnensystems entfallen auf die Rotation der Sonne) ist auch heute noch eine Herausforderung jeder kosmogonischen Theorie der Planetenentstehung.

Später wurden weitere Punkte herausgearbeitet, die im Widerspruch zu de Laplace stehen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mußte genaugenommen diese Theorie aufgegeben werden, ohne daß eine vernünftige Alternative in Sicht war. Es gab zwar Versuche, Teilprobleme zu lösen. Diese betrafen u.a. die Bildung von planetaren Körpern durch lokale Massenakkretion innerhalb einer Staubscheibe (z.B. Modell nach Thomas Chrowder Chamberlin (1843-1928) und Forest Ray Moulton (1872-1952), veröffentlicht 1905). Hier ist es vielleicht einmal interessant, aus Svante Arrhenius (1859-1927) Buch „Die Sternenwelt“ Teil 2 (1931) zu zitieren:

„Chamberlin und Moulton haben gezeigt, daß die Schwierigkeiten der Kant-Laplaceschen Hypothese durch die Annahme beseitigt werden, daß das Sonnensystem aus einem Spiralnebel entstanden ist, in den fremde Körper eingewandert sind und Nebelstoff um sich gesammelt haben (Planetesimalen). Diese Theorie wird aber durch die neueren Untersuchungen der Spiralnebel nicht gestützt. Kein solcher Nebel ist so klein, daß sich ein Sonnensystem aus ihm entwickeln könnte. Vielleicht bilden sich in den Spiralnebeln  Sonnen in großem Maßstab, in analoger Weise, wie es sich die genannten Forscher von den Planeten gedacht haben. Dagegen hat man vielleicht eine schwache Möglichkeit in der Spiralform einiger weniger planetarischer Nebel eine Stütze der Planete­simaltheorie zu sehen. Das wahrscheinlichste ist aber, daß das Planetensystem in anderer Weise entstanden ist, als wie diese Theorie voraussetzt.“

Man muß bei diesem Zitat natürlich darüber hinwegsehen, daß um 1905 noch nicht bekannt bzw. bewiesen war, daß es sich bei den zahlreichen „Spiralnebeln“ um ferne „Welteninseln“ handelt. Es wird aber der wichtige Begriff des Planetesimals eingeführt, welcher Bestand hat. Und auch der Satz, nachdem sich in „Spiralnebeln“ Sonnen in großem Maßstab bilden, kann durchaus als eine richtige Vorahnung bewertet werden.

Als „Intermezzo“ sollen noch zwei weitere Hypothesen, die seinerzeit durchaus populär waren, zumindest erwähnt werden. Das ist einmal die sogenannte „fission theory“, nach der sich von extrem schnell rotierenden Sternen zwar keine Materieringe, aber dafür „Materieklumpen“ ablösen sollten (auf diese Weise wollte man z.B. die Entstehung von Doppelsternen oder gar des Erdmondes erklären). Der Mathematiker Elie Joseph Cartan (1869-1951) konnte jedoch 1924 zeigen, daß dies nicht möglich ist. Eine weitere Theorie stammt von James Hopwood Jeans (1877-1946). Er hatte die bemerkenswerte Idee, daß sich die Planeten aus einem riesigen Materiefilament gebildet haben, welches gravitativ von einem nahe an der Sonne vorbeigehenden Stern herausgerissen worden ist. Heute kennen wir viele Gründe, warum so etwas nicht funktionieren würde.

In den 40ziger und 50ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts haben einige Wissenschaftler neue Ideen in das Gebiet der Planetenkosmogonie eingebracht. Zu nennen ist hier z.B. Carl Friedrich von Weizsäcker (1912-2007), der 1943 versuchte, das Drehimpulsproblem durch turbulente Prozesse in einer protoplanetarischen Gasscheibe zu lösen. Eine umfassende mathematische Ausarbeitung erfolgte 1950 in Zusammenarbeit mit dem Astrophysiker Reimar Lüst. Die dabei erzielten Ergebnisse haben moderne Planetenkosmogonien in vielerlei Hinsicht stark befruchtet.

Das Wachstum von Planetsimale in einer protoplanetaren Scheibe wurde erstmalig im Detail durch den sowjetischen Astrophysiker Viktor Sergeevich Safronov (1917-1999) theoretisch untersucht. Er griff dabei auf Ideen des berühmten sowjetischen Geophysikers Otto Schmidt (1891-1956) zurück, der sich ungefähr ab 1940 intensiv mit kosmogonischen Fragen beschäftigt hat.

Aspekte aus dem sich stürmisch entwickelnden Gebiet der Plasmaphysik wurde ab 1975 durch den schwedischen Physiker und Nobelpreisträger 1970, Hannes Alven (1908-1995) in die Theorie der Planetenentstehung übernommen. Obwohl sich seine Überlegungen im Nachhinein meist als nicht tragfähig erwiesen haben, so zeigte sich doch, daß hydrodynamische und magneto­hydrodynamische Prozesse in protoplanetaren Scheiben bei deren Strukturierung eine große und damit nicht zu vernachlässigende Rolle spielen.

Zum Schluß soll noch das sogenannte Cameron-Modell (eigentlich ein ganzer Satz verschiedener Modelle) erwähnt werden, welches auf Computerrechnungen beruht und den gravitativen Kollaps einer Gas- und Staubwolke um einen sich bildenden Stern oder einem „Planetenkeim“ beschreibt.

Eine wissenschaftliche Kosmogonie unseres Sonnensystems (oder eines Planetensystems ganz allgemein) muß aus dem Zustand, wie er sich uns heute darbietet, auf die Entwicklungsgeschichte bis hinunter zu den ersten Anfängen schließen lassen. Die Schwierigkeit besteht dabei darin, daß genügend komplexe Systeme im Laufe ihrer Entwicklung ihre Vergangenheit quasi „vergessen“ können,  d.h. sie enthalten immanent in ihrem heutigen Zustand so gut wie keine brauchbaren Informationen mehr, die kausal aus der Zeit ihrer Bildung herstammen. Bei den erdähnlichen Planeten handelt es sich offensichtlich um Himmelskörper, die in ihrer Frühgeschichte einmal vollständig aufgeschmolzen waren. Ihre chemischen Bestandteile haben sich entsprechende ihrer Dichte getrennt und bilden heute die deutlich unterscheidbaren Schichten Kern, Mantel und Kruste. Aus diesem differenzierten (mineralogischen) Aufbau lassen sich keine (oder höchstens nur sehr wenige) Schlüsse mehr ziehen über den „Stoff“, aus dem diese Planeten vor ihrer Aufschmelzung einmal entstanden sind. Man kennt aber z.B. Meteorite, denen dieses Schicksal erspart geblieben ist (z.B. Chondrite). Anhand ihres Aufbaus und ihrer Zusammensetzung kann man deshalb viel besser auf die physikalischen Bedingungen zur Zeit der Planetenentstehung schließen als aus dem heutigen Erscheinungsbild eines Planeten wie z.B. der Erde. Aus diesem Grund ist die wissenschaftliche Untersuchung von meteoritischem Material eine besonders wichtige empirische Informationsquelle in der Kosmogonie unseres Planetensystems. Diese Informationen haben aber nur dann Wert, wenn sie im Kontext von Modellvorstellungen, die auf bekannten Naturgesetzlichkeiten beruhen, betrachtet werden. Oder anders ausgedrückt. Eine erfolgversprechende Methode besteht darin, plausible, mit Beobachtungstatsachen in Einklang stehende Anfangsbedingungen  zu postulieren (z.B. anhand von Aufbau und Struktur galaktischer Molekülwolken), aus denen man versucht, durch mathematische Modellierung eine Ereignisabfolge zu rekonstruieren, deren Zwischenergebnisse wiederum mit Beobachtungsergebnissen verglichen werden können (z.B. Aufbau chondritischen Materials, Struktur und Eigenschaften zirkumstellarer Staubhüllen, heutige Struktur unseres und anderer Planetensysteme). Diese Herangehensweise wird im Allgemeinen als „deduktiv“ bezeichnet und wird in der kosmogonischen Forschung fast ausschließlich angewendet.

Eine andere, aber bedeutend schwierigere Methode besteht darin, aus dem heutigen Zustand heraus quasi „zurückzurechnen“, um so an Informationen über den  Anfangszustand zu kommen. Dieser als „Aktualismus“ bezeichnete Weg ist aber in der Praxis nur schwer begehbar, da – wie bereits erwähnt – im Laufe der Entwicklungsgeschichte immer nur Bruchstücke von Informationen über den vorhergehenden Zustand weitergegeben werden. Trotzdem lassen sich auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die sich wiederum zur Prüfung deduktiver Modelle eignen.

Das Hauptproblem der Kosmogonie des Sonnensystems besteht also darin, für einen faktischen Endzustand (wie er sich uns heute darstellt) einen  Anfangszustand zu rekonstruieren und – was das eigentliche Problem ausmacht – zu zeigen, wie daraus über kausal aufeinanderfolgende Zwischenstufen letztendlich wieder – und zwar möglichst zwangsläufig - der Endzustand folgt. Zur Lösung dieses Problems werden mathematische Modelle entwickelt, die auf der Grundlage eines plausiblen und auch durch Analogiebetrachtungen gestützten Paradigmas diese Ereignisabfolgen zu berechnen gestatten. Das Paradigma besteht dabei darin, daß man davon ausgeht, daß sowohl die Sonne als auch die Planeten (sowie alle anderen Körper des Sonnensystems) gemeinsam im Prozeß der Sternentstehung aufgrund des Gravitationskollapses  einer instabil gewordenen kühlen Gas- und Staubwolke entstanden sind. Dieses Paradigma wird u.a. durch folgende Beobachtungen gestützt:

·         Kühle Molekülwolken sind im Rahmen des kosmischen „Materiekreislaufs“ Ausgangspunkte für die Sternentstehung
·         Beim Gravitationskollaps entstehen Protosterne, die von einer dichten Gas- und Staubhülle umgeben sind. Diese zirkumstellaren Staubscheiben können in Sternentstehungsgebieten (z.B. im Orion-Komplex) auch direkt beobachtet werden
·         In Form von primitivem meteoritischen Materials haben Proben aus dem solaren Nebel bis heute überdauert. Aus ihnen lassen sich durch Laboruntersuchungen die Entstehungsbedingungen rekonstruieren.
·         Bei einer ganzen Anzahl von Sternen konnten Planeten nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, daß planetare Körper ein gewöhnliches Nebenprodukt der Sternentstehung sind. (siehe Blogreihe "Exoplaneten")

Weiterhin orientieren sich viele Modellvorstellungen nicht unbedingt an der Aufgabe, die Entstehung eines x-beliebigen Planetensystems zu erklären (obwohl eine allgemeine Theorie wünschenswert ist), sondern sie widmen sich vielmehr der Frage, wie gerade unser eigenes Sonnensystem entstanden ist. Das ist auch legitim, da nur am Beispiel des Sonnensystems die Qualität eines Modells in der Konfrontation mit den Beobachtungsergebnissen realistisch beurteilt werden kann. Beobachtungen an zirkumstellaren (oder protoplanetaren) Scheiben, wie sie z.B. durch welt­raumgestützte Teleskope immer besser gelingen, bieten darüber hinaus weitere Möglichkeiten, kosmogonische Modelle an der Realität zu überprüfen.

Eine erfolgreiche Theorie der Planetenentstehung sollte im Fall unseres Sonnensystems u.a. eine Erklärung für folgende „Fakten“ liefern:

·        Die Sonne enthält rund das 750 fache der Masse des Sonnensystems abzüglich der Sonnenmasse (  kg). Das sind mehr als 99.9% der Gesamtmasse.
·        Die Planeten tragen zusammen mehr als das 200-fache des Eigendrehimpulses der Sonne
·         Die Richtung des Eigendrehimpulses der Sonne (Rotationsachse) ist um ~6° gegenüber der Normalen der mittleren Bahnebene aller Planeten geneigt.
·        Alle Himmelskörper mit Ausnahme der Kometen haben näherungsweise coplanare Bahnen, die zumeist eine geringe Exzentrizität aufweisen und die gleiche Drehrichtung haben wie die  Drehrichtung der Sonnenrotation (prograde Bewegung)
·        Die meisten Planeten besitzen eine Rotationsachse, die annähernd senkrecht auf der Bahnebene steht
·        Es gibt eine klare Trennung zwischen erdähnlichen und jupiterähnlichen Planeten sowie den größeren Kuiper-Objekten
·        Die terrestrischen (inneren) Planeten sind an volatilen Elementen verarmt während die äußeren (Gas-) Planeten eine Elementezusammensetzung aufweisen, die in etwa dem der Sonne entspricht.
·        Es existieren verschiedene Typen undifferenzierter Meteorite aus der Zeit der Planetenentstehung. Ihr mineralogischer Aufbau, ihre Struktur und die daraus ableitbare thermische Geschichte sind zu reproduzieren.
·        Die ältesten, im solaren Nebel gebildeten Minerale, sind ca. 4.56 Milliarden Jahre alt.

Diese Vorgehensweise hat aber auch ihre Schwierigkeiten. Was im Sonnensystem im Rahmen einer kosmogonischen Theorie als „logisch“ erscheinen mag – z.B. daß auf die erdähnlichen „Gesteinsplaneten“ die Gasplaneten und zuletzt die  Kuiper-Objekte aus mehrheitlich gefrorenen Eis folgen – muß so nicht allgemeingültig sein. Eine große Zahl der bei anderen Sternen entdeckten Planeten (hauptsächlich Gasplaneten der „Jupiterklasse“) hält sich offensichtlich nicht an diese „Regel“. Hier muß plausibel erklärt werden (z.B. durch Migrationsprozesse), wie z.B. jupiters in extrem sternnahe Bahnen gelangen können.

Auch ist es eine Tatsache, daß die in unserem Sonnensystem weitgehend eingehaltene „Regel“, daß Planetenbahnen nur eine geringe Exzentrizität haben (d.h. weitgehend kreisförmig sind), bei extrasolaren Planetensystemen offensichtlich so nicht immer gilt. Warum das so ist, muß natürlich auch eine Theorie der Planetenentstehung zu erklären versuchen. Vielleicht stellt in dieser Beziehung der strukturelle Aufbau unseres eigenen Planetensystems eher eine Ausnahme als die Regel dar, wie gelegentlich angemerkt wird.

Nicht nur in Bezug auf Details der Planetenentstehung sind noch viele Probleme zu lösen und Kontroversen auszudiskutieren. Zu nennen  ist in diesem Zusammenhang z.B. die noch unbeantwortete Frage, ob sich unser Planetensystem quasi ungestört aus einer kollabierenden Gas- und Staubwolke entwickelt hat oder ob bei diesem Prozeß neben der Protosonne noch ein weiterer, etwas massereicherer  Protostern mit beteiligt war. Auf jeden Fall muß es damals einen Supernovaausbruch in der Nähe gegeben haben, wie Goldkettchen und Kernkraftwerke auf der Erde eindrucksvoll beweisen.

Siehe auch folgende Essays::


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